Mit dem Facelift bietet der kleine Crossover jetzt auch Google-Funktionen
Der Renault Captur stellt im äußerst umfangreichen SUV-Portfolio von Renault die unterste Stufe dar. Das bedeutet aber nicht, dass der kompakte Crossover in irgendeiner Weise zu unterschätzen wäre. In seinem Segment ist er schon seit vielen Jahren der Star und nach dem kürzlichen Facelift möchte der Captur hier nahtlos anschließen. Ob ihm das gelingt, haben wir in unserem Test herausgefunden.
Renault ging schon immer gern eigene Wege, vor allem wenn es um die Erschließung von Marktlücken mit neuen Karosserie-Ideen ging. Ob Vel Satis, Avantime oder der Espace - Mut war angesagt und teilweise konnten die Franzosen sogar neue Segmente begründen, wie im Falle des Espace.
Im Jahr 2013 entschloss man sich, einen Mini-SUV auf Clio-Basis auf die Räder zu stellen. Damit begründete man dieses Segment nicht gerade - der Suzuki Vitara zum Beispiel war da schon seit langen Jahren tätig -, aber man brachte den Markt in diesem Bereich mit dem Captur ordentlich in Schwung.
Heute hat fast jeder Hersteller einen solchen Crossover im Programm. Der Captur wurde seit seinem Marktstart weit über 1,2 Millionen Mal verkauft und überflügelte damit hierzulande zeitweise auch seinen Plattformspender Clio deutlich. Im Jahr 2020 kam die zweite Generation auf den Markt, die Mitte 2024 überarbeitet wurde. Interessanterweise ist der Mitsubishi ASX, der bis auf die Markenlogos praktisch baugleich mit dem Captur ist, in Deutschland noch erfolgreicher als das Original.
Exterieur | Interieur | Antrieb | Fahrwerk | Preise | Fazit
Das Facelift hat dem Captur sehr gutgetan. Der neue Chefdesigner Gilles Vidal hat auch dem Captur den frischen Look der Marke verpasst. Vor allem die Front, die zuvor recht rundlich und bieder wirkte, bekam nun durch den schmalen, schwarzen Grill, die neuen LED-Scheinwerfer und die viel schärfer gezeichneten Lufteinlässe viel mehr optischen Biss als zuvor. Vor allem die noch dominanteren Tagfahrleuchten mit ihrer Blitz-förmigen Grafik geben dem Captur eine neue Note.
An den Flanken gab es hingegen nicht so viel zu tun, denn die hohe, nach hinten noch ansteigende Gürtellinie in Verbindung mit dem im gleichen Maße abfallenden Dach mit dem gemeinsamen Schnittpunkt in der C-Säule wirkt nach wie vor sehr bullig und trotzdem elegant, vor allem in Verbindung mit einer der optionalen Zweifarbenlackierungen. Unser Topmodell "Esprit Alpine" in modernem Perlmutt-Grau in verfügt darüber hinaus über schöne Alpine-Embleme an den vorderen Kotflügeln. (Allerdings sollte man keine A110 erwarten ...)
Das Heck wurde ebenfalls nur leicht modifiziert. Die geschwungenen Voll-LED-Heckleuchten sind nun in schwarz gehalten und Chrom sucht mal am ganzen Fahrzeug vergebens. Gerade bei unserem grauen Testwagen wirkt das alles sehr monochrom und modern. Passend dazu stehen dem Captur die großen 19-Zoll-Felgen sehr gut. Ob freilich ein solch kleines Fahrzeug 19-Zöller braucht, sei dahingestellt.
Der Innenraum des Captur empfängt uns mit einem erstaunlich sportlichen Look, was der "Esprit Alpine" - Ausstattung geschuldet ist. Mit vielen blauen Details wie der edel eloxierten Blende auf der Beifahrerseite oder den aufwendigen Ziernähten wirkt das Interieur sehr hochwertig. Dazu kommen viele unterschäumte Oberflächen und edle Stoffe, sogar am Armaturenbrett.
Leder findet man übrigens in keinem neuen Renault mehr, die Franzosen sind komplett tierfrei. Statt Leder verwendet Renault ein TEP-Material mit hochwertiger Haptik.
Die sportlich ausgeformten Sitze in der ersten Reihe sind auch nach vielen Stunden noch sehr bequem und lassen sich vielfältig einstellen. Das gleiche gilt für das schöne Multifunktionslenkrad, das sehr gut in der Hand liegt. Zwischen den Sitzen "schwebt" die Mittelkonsole mit dem Getriebehebel und einem Ablagefach. Auch so eine Erfindung der Franzosen. Eine Etage tiefer findet sich ein weiteres Fach, in dem man sein Smartphone kabellos laden kann. Viel Platz ist auch im Handschuhfach, dass nicht mehr wie im Ursprungsmodell eine Schublade ist, sondern konventionell geöffnet wird.
Angesichts der Außenlänge von nur 4,24 Meter überrascht es nicht, dass es auf der Rücksitzbank für die Knie schnell eng wird. Trotzdem gehen die Platzverhältnisse für diese Klasse absolut in Ordnung, wenn die verschiebbare Rücksitzbank in der hintersten Position verankert ist. Dann bleiben noch 484 Liter Kofferraum übrig.
Voll nach vorn geschoben kann sie das Kofferraumvolumen etwas vergrößern, das mit seinen 422 Litern und dem höhenverstellbaren Ladeboden dann allen Ansprüchen dieser Klasse gerecht wird. Maximal stehen bei umgeklappter Rückbanklehne 1.596 Liter zur Verfügung.
Seit dem Facelift darf auch der Captur das moderne Infotainmentsystem auf Android-Basis verwenden. Das ist ein großer Fortschritt gegenüber dem Vorgänger, denn nun navigiert das System nativ mit Google Maps, was auch sehr ansprechend in das Layout integriert wurde.
Ansonsten ist der große Hochkant-Bildschirm nun serienmäßig an Bord und auch das 10-Zoll-Instrumentendisplay ist auch immer dabei. Hier lassen sich viele verschiedene Grafiken konfigurieren, die Farbe ist frei wählbar und orientiert sich am eingestellten Innenraumthema oder dem Fahrmodus.
Hinzu kommen rund 50 beliebte Apps aus dem Google Play Store. Mit diesem Setup ist der Captur den meisten direkten Konkurrenten digital klar überlegen. Die Bedienung fällt leicht, auch weil einige wichtige Funktionen auf physische Tasten ausgelagert wurden. Renault hält übrigens immer noch am fummeligen Bediensatelliten für das Soundsystem rechts hinter dem Lenkrad fest. Wer das nicht kennt, drückt erstmal hilflos an den anders belegten Tasten am Lenkrad herum…
Recht breit ist die Motorenpalette beim Captur. Neben der Einstiegsvariante - ein Dreizylinder Benziner mit 90 PS - gibt es noch einen der wenigen werksseitigen Erdgas-Motoren mit 100 PS, zwei Mild-Hybride mit 140 oder 158 PS und nicht zuletzt den Vollhybriden mit 145 PS. In unserem Captur werkelte das stärkste Triebwerk, der E-Tech Mild Hybrid 160, der seine 158 PS an ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe weiterreicht.
Zusammen mit dem Elektro-Boost ermöglicht der 1,3 Liter große Vierzylinder Turbo durchaus ansehnliche Fahrleistungen. Nur 8,5 Sekunden vergehen während des Spurts von 0-100 km/h. Leider regelt Renault seit dem Facelift die Höchstgeschwindigkeit unverständlicherweise bei 180 km/h ab. Vorher durfte der gleich motorisierte Captur noch 204 km/h schnell rennen, was ja auch nicht gerade höchstgradig unvernünftig war...
So richtig Fahrspaß kommt allerdings nicht auf. Das liegt in erster Linie am tranigen Doppelkuppler, der oftmals nicht so genau weiß, was er möchte und auch bei Kickdown eher verhalten reagiert. Zudem überrascht der Antrieb trotz milder Hybridisierung mit einem ausgeprägten Turboloch, um danach umso ungestümer loszulegen. Dann wird auch schon mal heftig an den großen Vorderrädern gezerrt.
Der Verbrauch ist extrem abhängig von der Fahrweise. Bei sanftem Gasfuß sind durchaus Verbräuche mit einer Fünf vor dem Komma drin. Wer es eilig hat und den Turbo ordentlich laufen lässt, erntet hingegen auch mal eine knappe 10. (Turbo läuft, Turbo ... Sie kennen das.) Insgesamt lagen wir im Durchschnitt bei gut 7 l/100 km, nicht schlecht, aber auch keine Sensation.
Wo Alpine draufsteht, sollte auch ein sportliches Fahrverhalten drinstecken. Unser Esprit Alpine erfüllt diese Erwartungshaltung durchaus, denn sein Fahrwerk bietet auch ohne Adaptivdämpfer eine tolle Mischung aus straffem Kurvenverhalten und trotzdem komfortabler Fahrt.
Vor allem die flachen 19-Zoll-Sportreifen verhelfen der recht hohen Karosserie zu viel Grip. Zusammen mit der direkten, aber etwas gefühllosen Lenkung lässt sich der Captur schön flüssig von Kurve zu Kurve werfen. Dabei bleibt er völlig frei von unschönen Überraschungen und untersteuert im Zweifel einfach.
Auf der anderen Seite wirkt der Captur für diese Klasse recht souverän auf Unebenheiten jeder Art, die man zwar spürt, aber immer auf absolut erträgliche Maße gedimmt werden. Hier hat sich Renault bei der Abstimmung (endlich) wieder seiner französischen Tradition und Verantwortung erinnert und den Komfort nicht vergessen. Fahrwerksgeräusche sind überhaupt nicht zu hören, da wiegen die Wind- und Motorgeräusche schon deutlich schwerer.
Unterstützt wird der Pilot von bis zu 28 Assistenzsystemen, die allesamt sehr unauffällig ihren Dienst versehen, mit Ausnahme des nervigen, aber vorgeschriebenen Tempowarners. Die Lösung von Renault? Man kann sich sein eigenes Assistenz-Setup - dann sicher ohne Tempowarner oder Spurhalter - konfigurieren und dieses mittels separater Taste neben dem Lenkrad mit einem Klick abrufen. Und schon ist Ruhe. Genial.
Los geht die Preise-Reise im Falle des Captur bereits bei 23.250 Euro. Dafür bekommt man den kleinen 90-PSer als "Evolution". Am anderen Ende der Preisskala liegt unser "Esprit Alpine", der als 160 EDC mindestens 32.050 Euro kostet. Nochmal 700 Euro mehr muss man für den innovativen Full Hybrid 145 hinlegen. Nicht unbedingt ein Schnäppchen, aber seine Liga-Rivalen sind ähnlich eingepreist.
Die Konkurrenz ist mittlerweile immens groß. Mehr als 30 Mittbewerber bevölkern den Markt, darunter Top-Player wie VW T-Cross, Ford Puma oder Opel Mokka. Für den T-Cross in nackter Version muss man mindestens 24.355 Euro hinblättern, als Top-Version mit 150 PS sind bereits 36.530 Euro fällig. Der Opel Mokka startet bei 26.740 Euro und endet als 136 PS starker Hybrid bei 31.990 Euro. Der Ford Puma kostet in vergleichbarer Ausstattung und Motorisierung auch mindestens 33.400 Euro.
Der traditionell direkte Konkurrent Peugeot 2008 beginnt bei 27.050 Euro. Ein vergleichbares Modell verschlingt bereits 36.350 Euro. Etwas preiswerter sind zum Beispiel der Kia Stonic (ab 22.490 Euro) oder der Hyundai Bayron ab 22.900 Euro. Etwas seltener und sehr stylisch: Der Nissan Juke, der bei 24.790 Euro startet und als vergleichbares Top-Modell knapp 35.000 Euro vom Bankkonto klaut.
Renault hat das Profil des Captur mit dem Facelift an den genau richtigen Stellen nachgeschärft. Mit einem hochwertigen Innenraum, einer tollen Optik und einem sehr guten Fahrwerk kann der kleine Renault seinen Erfolgsweg in den Zulassungslisten sicher fortsetzen. Durch das neue Google-basierte Infotainment ist er digital absolut auf der Höhe der Zeit.
Nur der Antriebsstrang verhagelt dem kleinen SUV durch seine nicht immer geglückte Abstimmung ein noch besseres Ergebnis. Preislich ist der Captur eine sehr interessante Alternative, da er als Esprit Alpine schon fast Premium-Ansprüchen genügt, aber kostentechnisch noch auf dem Boden bleibt.