Wo liegen eigentlich die Stärken des kompakten Unter-fünf-Sekunden-SUVs?
Der Ateca geht seit 2016 als Tiguan-Klon für Seat auf Kompakt-SUV-KundInnenfang. Und weil es den VW auch als sportliches R-Modell gibt, bietet natürlich auch Seats Sportmarke Cupra dieses Derivat an. Seit 2018 hat der Hersteller mit dem ungewöhnlichen Transformer-Logo und allerlei Kupfer-Akzenten jetzt das Kompakt-SUV mit 300 PS, Allrad und Siebengang-DSG im Programm.
Anfang 2020 zeigte Cupra dann das Facelift und nach dem Bestellstart im Juni steht das Modell mit veränderter Optik und einem kleinen Technik-Update seit dem Herbst des vergangenen Jahres offiziell bei den Händlern. Was sich geändert hat und ob der Cupra Ateca eine gute Wahl für den performanten SUV-Alltag ist, klärt unser Test.
Zur Optik können Sie sich anhand der Bilder natürlich selbst eine Meinung bilden. Rein formal ändert lediglich das neue Design der Front mit deutlich aggressiverer Schürze und sechseckigem Wabengrill etwas am Ateca. Er wird dadurch zehn Millimeter länger und misst nun knapp 4,39 Meter.
Die Felgen mit Kuper-Farbtupfern sind 19 Zoll groß, serienmäßig und ermöglichen einen unverbaubaren Blick auf die großen Brembo-Sättel mit innenbelüfteten Bremsscheiben, die an der Vorderachse auch noch gelocht sind.
Die brutal zupackenden und erstaunlich gut dosierbaren Verzögerer sind schon eine coole Sache und verschieben Bremspunkte ein gutes Stück in Richtung Kurveneingang. Aber brauchen Sie das wirklich in einem Kompakt-SUV? Falls ja: 2.790 Euro ist der Aufpreis. Und komischerweise lässt sich diese Option auch noch mit einem BeatsAudio-Soundsystem verknüpfen. Dann kostet das Paket, das eher nach Zwangsehe klingt, 3.350 Euro.
Die Bremsen sind nur eines der zwei technischen Exterieur-Details, die es auch einem Laien möglich machen, die Cupra-Version von einem normalen 150-PS-Ateca zu unterscheiden. So fällt den meisten Betrachtern spätestens beim Anblick des Hecks direkt auf, dass mit diesem Auto irgendwas anders ist und Kleingarten-Boomer damit mehr anstellen könnten, als Samstags den Grünschnitt auf den Wertstoffhof zu bringen.
Der Grund? Die (ebenfalls optionale) Akrapovic-Abgasanlage mit vier Endrohren. Die nicht nur deutlich besser als die vierflutige Serienanlage aussieht, sondern auch noch deutlich druckvoller klingt. Diese 3.860 Euro würden wir investieren.
Steigen wir also ein und starten den bekannten 2,0-Liter-Vierzylinder mit seinen 300 PS und 400 Newtonmeter maximalem Drehmoment. Bei diesem Vorgang fällt schnell auf, dass Cupra ein neues Lenkrad spendiert hat, denn nach einer etwas längeren Suche nach dem Startknopf wird man unter der rechten Querspeichen des Volants fündig.
Auf der anderen Seite sitzt der Knopf mit Cupra-Logo. Er ändert die Fahrmodi zwischen Normal, Sport und Individual und wenn Sie länger drücken, wählen Sie den Cupra-Modus. Doch dazu später mehr ...
Vorerst wollen wir den Komfort-Cupra kennenlernen und den Ateca mit vermeintlich langweiligen Aufgaben betrauen. Beispielsweise mit einem normalen Wochenendausflug von Frankfurt nach Köln und dem Transport einer 2,40 Meter langen Dachbox … im Innenraum.
Es ist also ein normaler Samstagmorgen und egal wie viel Mühe wir uns geben, möglichst leise durch die engen Gassen eines verschlafenen Dörfchens zu schleichen, so macht uns der Sound doch einen Strich durch die Rechnung und die Abholung der Dachbox bleibt nicht unbemerkt.
Die Rücksitze für den anstehenden Transport sind schnell über die Hebel im Kofferraum umgelegt. Da die Ladelänge aber nicht ausreichend ist, müssen wir uns mit dem Beifahrersitz etwas einfallen lassen. Die grandiosen Schalensitze (Cupra verbaut uns die Variante Genuin Cupra in petrolblauem Leder) in der ersten Reihe bieten mit ihren ausufernden Seitenwangen nämlich nicht nur hohen Komfort und fantastischen Halt in alle Richtungen, die Rückenlehnen des Gestühls lassen sich dadurch auch nur bedingt nach vorne kippen.
Nach hinten umlegen geht aber problemlos, weit genug und dank einer mitgebrachten Decke bleibt das empfindlich anmutende Material geschützt. Die riesige Box passt. Test bestanden. Also ab auf die Autobahn, um 150 Kilometer im moderaten Tempo und ohne große Quer- sowie Längsbeschleunigungen abzuspulen.
Dafür geben wir auch mal ein Ziel ins Navigationssystem ein, das sich jetzt über einen neuen 9,2-Zoll-Touchscreen steuern lässt, welcher das alte System mit 8,0-Zoll-Display ersetzt. Die Visualisierung der Inhalte ist schöner geworden, die Reaktionszeit schneller. Gerade auf Autobahnkreuzen oder in Situationen in denen das Navi viele Richtungsänderungen bekannt geben muss, will das System aber zu viel auf einmal und dabei auch noch zu genau sein.
So kommt es manchmal ein wenig durcheinander. Schade. Denn mit der neuen eSIM-Karte ist der Ateca eigentlich am Zahn der Zeit und zeigt beispielsweise auch Echtzeit-Stauinformationen an.
Bei den Assistenzsystemen merken Sie ebenfalls, dass es sich bei dem Ateca um ein Fahrzeug handelt, das bereits 2016 auf den Markt kam. Das Angebot wurde zwar erweitert und so kann der neue Abstandstempomat auch die Straßenführung (Kurven, Kreisverkehre, Kreuzungen, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Bebauung) berücksichtigen und mithilfe der Verkehrszeichenerkennung das Tempo des Fahrzeugs automatisch an die Limits anpassen, der Spurhalteassistent arbeitet aber immer noch etwas grobschlächtig und trübt ein wenig das sonst sehr positive Bild.
Trotzdem kommen wir (der Autor und die Dachbox) entspannt an unserem Ziel an. Das adaptive Fahrwerk kann also auch einen gewissen Komfort erzeugen. Der Innenraum tut sein Übriges. Alltagstest bestanden. Zumindest dann, wenn Sie sich mit einem Verbrauch von über zehn Litern je 100 Kilometer anfreunden können.
Denn selbst bei zaghafter Fahrweise lassen sich die angegeben 8,9 bis 9,5 Liter aus dem WLTP-Zyklus nur bei 80 km/h auf Landstraßen erreichen. Wenn nicht, nehmen Sie einen normalen Ateca. Von Seat. Der klingt zwar nicht so gut und sieht nicht gaaanz so sportlich aus, erledigt alle bisher erwähnten Aufgaben aber mindestens genauso gut.
Das adaptive Fahrwerk, die Progressiv-Lenkung, das 4Drive-Allradsystem der neusten Generation, das auf der Hinterachse am Ende der Antriebswelle kurz vor dem hinteren Differenzial positioniert ist, das 7-Gang-DSG und nicht zuletzt die 300-PS-Maschine sollen aber auch nicht umsonst in den Ateca gesteckt worden sein.
Cupra-Modus: On! ESP: Off! Und das Getriebe wird ebenfalls seiner automatischen Funktion entmündigt und soll nur noch auf Anweisung über die vergrößerten Wippen am Lenkrad die Befehle zum Gangwechsel durchführen. Abfahrt 2.0.
Nach diesem letzten Absatz im Text denken Sie jetzt sicher: Wooooaaaa. Jetzt wird's wild. Und sportlich. Und noch wilder. Und noch sportlicher. Aber ... während wir das Cupra-Ateca-Gesamtkunstwerk in seiner schärfsten Einstellung so über nordhessischen Landstraßen jagen, muss man doch irgendwann zugeben, dass es in allen Punkten gerne noch ein bisschen mehr sein dürfte. Es macht Spaß, keine Frage, aber über 1,6 Tonnen und ein vergleichsweise hoher Schwerpunkt lassen sich auch von der besten Technik nur schwer kaschieren.
Egal. Das DSG auf dem VW-Regal ist nach wie vor unerreichbar schnell und sogar besser als das in einem Mini Cooper S. Obwohl sich dort Go-Kart-Feeling auf die Fahnen geschrieben wird. Das gut balancierte Allradsystem liefert in Kombination mit den steifer gestellten Dämpfern und der Lenkung ein Einlenk- und Kurvenverhalten, das so lange ein gutes Gefühl und anständig Rückmeldung liefert, bis die Reifen (Semi-Slicks für SUVs sind eben etwas seltener) den Dienst quittieren. Etwas bedauerlich ist einzig das "ausgeschaltete" ESP. Denn wir haben das Gefühl, dass Cupra das System nur auf einer Gehirnhälfte in den Ruhemodus befördert.
So schwingt auch im vermeintlich wildesten Modus eine gute Portion an Alltag und Vorderachsbetontheit im Cupra Ateca mit. Begleitet aber von rotzigen Schwingungen und dem einen oder anderen Knallen und Blubbern aus den Endrohren. Über 13 Liter Durchschnittsverbrauch sind jetzt kein Problem mehr. Vor allem, weil der Vorwärtsdrang auf der Geraden immer wieder zu Zwischensprints verleitet. Ärgerlich.
Schlucken kann aber nicht nur Ateca. Beim Blick auf die Preisliste des Testwagens passiert es auch uns. Über 60.000 Euro hat Cupra in DA-RE 9931 konfiguriert. Das sind noch einmal 14.000 Euro mehr als die Basis kostet. Wenn Sie mehr auf Komfort gehen wollen, lassen Sie beispielsweise die Carbon-Lippe an der Kofferraumklappe weg.
Die fällt sowieso niemandem auf, sorgt nicht wirklich für mehr Abtrieb an der Hinterachse und kostet trotzdem 990 Euro. Wenn Sie auf Komfort verzichten können: Weg mit der E-Heckklappe oder dem Gepäcktrennnetz. Zack. Auch wieder 600 Euro gespart. Und günstiger als ein vergleichbarer Tiguan R bleibt der Cupra immer.
Die wohl spannendste Frage lautet wohl: Würden wir einen Cupra Ateca kaufen? Die Antwort: Ja. Er kann nämlich alles, was ein normaler Seat Ateca auch kann. Er ist aber halt noch ein gutes Stück schneller und sportlicher.
Ein Performance-Wunder sollten Sie zwar nicht erwarten, wenn Sie aber mit dem Gedanken spielen, einen Ateca (vielleicht sogar einen "FR" mit 190-PS-Benziner und 4Drive) zu kaufen, sollten Sie beide Modelle mal durchkonfigurieren. Am Ende landet man bei Seat nämlich auch bei knapp 50.000 Euro. Und dafür gibt's auch schon einen Cupra, der in der Serie eigentlich schon so voll ist, dass alle Optionen eher Nice-to-haves sind.