Warum kostet er so viel?
Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Land Rover verlangt für das getestete Modell 75.006 Euro (inkl. 19 Prozent Mehrwertsteuer)! Der Testwagen hat rund 16.000 Euro an Extras an Bord, zieht man die ab, kommt man auf einen Basispreis von 59.090 Euro.
Aber: Nur weil etwas viel kostet, muss es nicht zwangsläufig "zu" teuer sein. Also stellt sich die Frage, ist der Land Rover mit dem umständlich langen Namen Discovery Sport D240 R-Dynamic SE sein Geld wert?
Wenn man einfach nur Discovery Sport fahren möchte, lautet die Antwort: nein! Es kann reichlich Geld gespart werden. An erster Stelle bei der R-Dynamic-Ausstattung. Ohne kostet die Diesel-Variante mit 240 PS 2.400 Euro weniger. Und das Wichtigste: Man muss eigentlich auf nichts verzichten.
R-Dynamic bietet lediglich optische Änderungen. Die fallen so gering aus, dass sie selbst im direkten Vergleich mit dem nicht-dynamisierten Modell kaum ins Auge stechen. Bei manchen Autos sorgen die Sport-Optik-Pakete für ansprechende Veränderungen - hier nicht.
Bei den Extras lässt sich ebenfalls eine Menge sparen, denn diese sind teilweise unverhältnismäßig teuer. Die 16-fach verstellbaren Vordersitze mit Beheiz- und Kühlfunktion kosten beispielsweise 2.240 Euro. Nahezu alle Extras sind kosmetischer Natur.
Womöglich hat Land Rover den Fehler gemacht, das Auto standardmäßig so gut auszustatten, dass nicht mehr viel Sinnvolles als Extra bleibt? Und deshalb handelt es sich bei Fußmatten nicht um einfache Fußmatten, sondern um "Premium-Fußmatten" - für 200 Euro.
Sollte jetzt der Eindruck entstehen, es gibt nur Kritik, möchte ich mich entschuldigen, denn der Land Rover Discovery Sport D240 fährt ausgezeichnet. Er ist womöglich die Benchmark, wenn es um nahezu perfektes SUV-Fahrgefühl geht! Der Fahrwerkskomfort gehört zu den besten seiner Klasse. Die deutsche Konkurrenz leidet in dieser Hinsicht unter verfehlten Dynamik-Obsessionen der Entwickler.
Harte Fahrwerke erhöhen zwar die Geschwindigkeit im Pylonen-Slalom, doch wen interessiert das in der Realität? Die Frage ist doch: fährt das Auto sicher? Der Discovery tut das. 1.934 Kilo machen ihn zwar nicht zum Leichtgewicht - in Anbetracht seiner Größe (4,51 m Länge; BMW X3: 4,70 m). Das Chassis kann aber damit umgehen. Kein starkes Wanken, kein langes Nachwippen. Einfach gut.
Ein Vorteil des Gewichts: Der Discovery Sport darf bis zu 2.500 Kilo ziehen. Die Dachlast liegt bei 75 Kilo und das Kofferraumvolumen beträgt 963 - 1.574 Liter. Vor allem bei aufrechter Rückbank ist das angenehm üppig. Die Materialien und Verarbeitung im Innenraum lassen sich sehen. Besonders, wenn man sich nicht vor den Extras scheut. Land Rover beherrscht edle Innenräume.
Das Infotainment ist gut… beinahe. Aufmachung, Reaktionszeiten usw. sind alle im Rahmen. Die Bedienbarkeit leidet indes ein wenig unter der Liebe zum Design. Der Bildschirm ist zu weit vom Fahrer entfernt, weshalb man sich für manche Funktionen strecken muss. Zudem führen Position und Neigung des Öfteren zu Spiegelungen, die die Ablesbarkeit verschlechtern. Darüber hinaus sind einige Menüpunkte bzw. Touch-Felder so klein geraten, dass man genau zielen muss, um sie zu treffen. All das ist keine Katastrophe, doch in Anbetracht von Premium-Anspruch und Preis suboptimal.
Die Lenkung passt übrigens sehr gut zur Fahrwerksabstimmung. Manche Hersteller versuchen mangelnde Sportlichkeit durch überraschend direkte Lenkansprache zu kompensieren. Das bringt Nervosität ins Auto. Der Discovery lenkt hingegen gleichmäßig, sodass die Karosserie nicht in Unruhe gerät. Ein weiterer Vorteil: Im Gelände zappelt das Lenkrad nicht durch die Finger.
Das Allradsystem arbeitet zuverlässig und ohne, dass sich der Fahrer um etwas kümmern muss - einfach auf "Auto Terrain Response" drücken. Zudem stehen die Fahrmodi "Eco", "Dynamik", "Komfort", "Gras-Schotter-Schnee", "Sand" und "Schlamm/Spurrillen" zur Verfügung. Selbst auf unzugänglichen, schlammigen Waldpfaden werden die Wenigsten die Grenzen dieses Systems entdecken. Der limitierende Faktor ist wohl am ehesten die Bodenfreiheit von 21,2 Zentimetern und für manche die Wattiefe von 60 Zentimetern. Doch wer solche Anforderung hat, sollte lieber die Discovery-Variante ohne den Zusatz "Sport" kaufen.
Die Neun-Gang-Automatik schaltet ruckfrei und lediglich im Dynamik-Modus etwas fahrig. Das ist jedoch nicht ungewöhnlich. Neun Gänge sind reichlich und irgendwo entsteht immer ein Abstufungskompromiss zwischen Sportlichkeit und Sparsamkeit. Laut Hersteller soll der Verbrauch bei durchschnittlich 6,2 Litern auf 100 Kilometern liegen. Unser Testverbrauch beträgt 9,2 Liter. Nicht exzellent, in Anbetracht von Leistung, Masse und Stirnfläche aber annehmbar.
Eine grundsätzliche Frage wäre, ob man den 240-PS-Motor nehmen sollte? Tatsächlich bietet er nicht allzu viele Vorteile. Die Beschleunigung von 7,7 Sekunden auf 100 km/h beeindruckt kaum. Wer schwere Lasten ziehen will liebäugelt womöglich mit dem größten Motor, sollte aber wissen, dass der 180-PS-Diesel mit 430 Newtonmetern nur 70 Newtonmeter weniger an das Getriebe schickt. Und das über ein identisches Drehzahlband (1.500 - 3.000 U/min).
Hauptsächlich spricht die Durchzugskraft bei Autobahntempo für den 240-PS-Motor. Ob das den höheren Kaufpreis und den höheren Verbrauch Wert ist, muss jeder selbst entscheiden.
Dieses Auto ist eine runde Sache. Speziell das Fahrgefühl zeigt eindrucksvoll, dass die gute Abstimmung eines SUVs eine Kunst für sich ist, die nicht alle Hersteller beherrschen. Land Rover ist womöglich der beste in dieser Kategorie. Die übrigen Schwächen sind klein genug, dass man sie verzeiht und damit leben kann. Nur beim Preis erreicht der Land Rover Discovery Sport D240 R-Dynamik SE Sphären, die nicht ganz gerechtfertigt sind.