Hier fahren Sie besser!
Neu- und Gebrauchtwagen auf automobile.at

Alfa Romeo Tonale (2022): Erste Sitzprobe im neuen SUV

Kann der Rivale des BMW X1 auf Anhieb überzeugen?

Motor1.com Deutschland: Auto-Tests, Auto-News und Analysen
Marke wählen

Spät kommt Ihr - Doch Ihr kommt! Beinahe könnte man meinen, Friedrich Schiller habe bei seinem "Wallenstein" an Alfa Romeo gedacht. Vor 223 Jahren, wohlgemerkt. Tatsächlich ist die italienische Traditionsmarke in Sachen SUV spät dran: Zwar hatte man schon 2003 mit dem Kamal ein schickes SUV als Studie gezeigt, doch erst 2017 rollte der Stelvio aufs Parkett.

Jetzt wird dem Stelvio ein kleineres Modell zur Seite gestellt. Auch der Tonale ist nach einem Alpenpass genannt, der Passo del Tonale liegt zwischen Trient und der Schweizer Grenze. 1.882 Meter liegt er hoch und ebenso so hoch sind die Erwartungen an den gleichnamigen Alfa. Er soll deutlich mehr Kunden anlocken, als es bislang bei Giulia und Stelvio der Fall war. Kann das gelingen? Wir haben uns den Tonale jetzt genauer angesehen.

Blicken wir zunächst auf die wichtigsten Eckdaten, im Detail haben wir den Tonale hier bereits vorgestellt. Technisch nutzt er die Plattform des Jeep Compass, welche aber bei Alfa Romeo nochmal auf links gedreht und stark modifiziert wurde. Das erklärt auch, warum zwischen der gleichnamigen Studie und dem Serienmodell drei Jahre lagen. Performance, Fahrdynamik, elektrische Reichweite: In all diesen Bereichen hat Alfa den Tonale nachgeschärft. Elektrische Reichweite? Exakt. Das hier ist der erste Alfa mit Plug-in-Hybrid.

4,53 Meter misst der Tonale in der Länge, 1,84 Meter ist er breit und 1,60 Meter hoch. Damit ist er einige Zentimeter größer als etwa ein BMW X1 oder VW Tiguan. Drehen wir eine Runde um den Wagen: Vorne prangt natürlich prominent das "Scudetto", darüber schmiegt sich das Alfa-Emblem in eine vorwitzige Ausbuchtung in der Motorhaube. Das dreiteilige Innenleben der Scheinwerfer mit adaptiver Voll-LED-Matrix soll an den RZ und SZ (1989-1993) erinnern. 

Typisch für aktuelle Alfa-Modelle sind die über das eigentliche Türblatt hinaus gewölbten hinteren Seitenfenster. Beim Heck des Tonale kommt mir spontan der Begriff "Ärschle" in den Sinn, natürlich positiv gemeint. Ein schmales LED-Leuchtenband greift die Dreiteilung von vorne auf. Gesamteindruck: Design können sie bei Alfa Romeo.

Wie sieht es innen aus? Ich fange von hinten an: Großzügige 500 Liter Gepäck passen in den Kofferraum. Im Fond hingegen würde ich nicht von großzügig sprechen, eher von ordentlich. Platzangst muss ich mit meinen 1,88 Meter nicht haben, aber die Weitläufigkeit diverser Modelle aus dem Volkswagen-Konzern wird nicht erreicht.

Hinter dem Lenkrad sitze ich relativ tief, wie ein guter italienischer Anzug ist der Tonale hier auf Taille geschneidert. Nichts für den gemütlich gebauten Herrn, wohl aber für den sportlichen Alfisto. Dazu passt die Umfassung der Instrumente nach Röhren-Art eines alten Alfa Romeo 1750, tatsächlich bieten die digitalen Anzeigen auch eine Retro-Optik für Tacho und Drehzahlmesser. 

12,3 Zoll misst das Digitalcockpit, daneben prangt ein 10,25-Zoll-Touchscreen. Das Infotainment setzt auf ein Android-Betriebssystem, auch Amazon Alexa steht auf Kommando bereit. Netterweise verzichtet Alfa nicht komplett auf analoge Knöpfe. Apropos: Schön sind auch der Startknopf am Lenkrad, die runden Lüftungsdüsen und die kleine italienische Trikolore hinter dem Gangwahlhebel. Minuspunkte gibt es für die teils schlichten Kunststoffe, speziell die grobe Narbung über den Instrumenten wirkt auf mich wenig premiös.

Manuell geschaltet wird übrigens kein Tonale. Los geht es mit einem 130 PS starken Mildhybrid-Benziner mit 48-Volt-Technik. Hier ist ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe serienmäßig, ebenso bei der größeren 1,5-Liter-Maschine mit 160 PS. Dieser Antrieb ist eine Neuentwicklung mit 48-Volt-Elektromotor, der zusätzlich 15 kW und 55 Newtonmeter Drehmoment bereitstellt. Hier kann man elektrisch anfahren oder einparken.

Wer weitere Strecken mit Strom zurücklegen will, muss zum ersten Plug-in-Hybrid der Marke Alfa Romeo greifen. Dieser kombiniert 202 kW (275 PS) Systemleistung mit Allradantrieb und ermöglicht im kombinierten Zyklus eine E-Reichweite von rund 60 Kilometer. In 6,2 Sekunden beschleunigt der Stecker-Tonale mit Sechsgang-Wandlerautomatik auf Tempo 100.

Diesel-Freunde bekommen im Tonale einen 1,6-Liter mit 130 PS und 320 Newtonmeter Drehmoment. Hier hat das DKG nur sechs Gänge, es gibt den Selbstzünder vorerst nur mit Frontantrieb. Bei den Hybrid- (130 PS und 160 PS) und 130-PS-Dieselversionen, die alle mit Frontantrieb ausgestattet sind, gehört das elektronische Selbstsperrdifferenzial von Alfa Romeo zur Serienausstattung.

Im Sommer 2022 kommt der Tonale auf den Markt, die Einstiegsausstattung "Super" könnte bei gut 30.000 Euro starten. Darüber rangieren "Ti", "Sprint" und "Veloce". Und Quadrifoglio? Ganz ausgeschlossen wird das nicht, aber man wird nicht einfach nur 50 PS zusätzlich reinpacken und das Kleeblatt aufs Auto pappen. Motto: Entweder ganz oder gar nicht.

Zum weiteren Ausbau des Programms plant Alfa jedes Jahr eine neue Baureihe. Bis 2024 könnte der Brennero kommen, ein noch kleineres SUV auf Basis des kürzlich gezeigten Elektro-Jeep. Er wäre das erste reine E-Auto von Alfa. Oder um es mit Schiller zu sagen: Tag wird es auf die dickste Nacht, und kommt die Zeit, so reifen auch die spätsten Früchte!

© Motor1.com