Ein kleines SUV mit diesem Antrieb ist aktuell ziemlich einzigartig ...
Wenn wir uns im Segment der kleinen SUVs so umsehen, dann ist die Auswahl schier unendlich. Alleine der VW-Konzern hat mit dem VW T-Cross, dem Skoda Kamiq und dem Seat Arona drei Modelle im Programm. Dazu kommen der Peugeot 2008, der Opel Crossland, der Citroën C3 Aircross, der Kia Stonic oder der Hyundai Kona - um mal nur die gängigsten Vertreter zu nennen.
Keine andere Fahrzeugklasse wird von Herstellern also so sehr umkämpft wie die der lifestyligen und gleichzeitig so crossigen Modelle mit einer Länge von 4,10 bis 4,30 Meter. Da muss man schon das eine oder andere USP bieten, um aus der Masse herauszustechen.
Und der Renault Captur hat so ein Alleinstellungsmerkmal. Der Hersteller bietet dieses Modell nämlich als E-Tech-Version mit einem Plug-in-Hybrid-Antrieb an. Aber nicht nur dadurch wird der kleine Franzose für uns in diesem Segment zu einem echten Geheimtipp, wie unser Test zeigt.
Damit wir uns jedoch nicht länger mit theoretischen Zahlen und grundsätzlichen Beschreibungen aufhalten, finden Sie alle Formalitäten, technischen Daten und Veränderungen - auch gegenüber dem Vorgängermodell - genau hier in unserer Fahrzeugvorstellung, die im Nachgang der Premiere des Modells auf der IAA 2019 entstanden ist. Denn natürlich gibt es den Renault aktuell nicht nur als PHEV, sondern auch noch mit konventionellen Antrieben ohne elektrische Unterstützung.
Kommen wir aber zu unserem Testfahrzeug: Dass der Innenraum zum Modellwechsel vergrößert wurde, ist seit der Premiere bekannt. Diesen Umstand merken Sie vor allem im Fond, wo sich die Beinfreiheit verbessert hat. Trotzdem wirkt die Fahrgastzelle - besonders in der ersten Reihe - noch etwas verbaut und obwohl beispielsweise ein Seat Arona rund 10 Zentimeter kürzer ist als der Captur, ist dort das Raumgefühl luftiger.
Wo der Renault allerdings extrem viele Punkte sammelt, ist bei der Verarbeitungsqualität, der Materialwahl und dem allgemeinen Interieur-Design. Hier haben alle Produkte des VW-Konzerns das Nachsehen.
Genauso verhält es sich mit der Bedienung. Das neue Infotainmentsystem mit all seinen Konnektivitätsfeatures ist dermaßen gut, dass einer unserer Beifahrer - ein eingefleischter BMW-Fan, der normalerweise nichts und niemanden über die bayerische Marke kommen lässt - zugibt, dass er Logik, Reaktionszeit und Features ziemlich gut findet.
Wir stimmen dem zu. Nutzen aber trotzdem lieber Apple Car Play, da dies für uns weiterhin noch einen Ticken besser ist. Allerdings ist die Schwelle, das eingebaute System nicht zu nutzen deutlich höher als bei anderen Fahrzeugen dieser Klasse.
Alles was nicht auf dem 9,3-Zoll-Bildschirm in der Mittelkonsole stattfindet, wird gut ablesbar hinter dem Lenkrad auf einem 7 Zoll großen Instrumentendisplay visualisiert. Die wichtigsten Bedienelemente sind dazu noch auf richtigen Knöpfen zu finden, die erstaunlich schick und sinnvoll angeordnet sind.
Trotzdem gibt es noch zwei negative Punkte, auf die uns Beifahrende während unseres Test aufmerksam gemacht haben. Erstens: Es fehlt ein Haltegriff. Das mag zwar altbacken und kleinkariert klingen, aber wir können es durchaus nachvollziehen, dass sich Passagiere mal festhalten wollen.
Zweitens: Der Beifahrersitz ist selbst in der eigentlich schon recht hohen Ausstattungslinie "Intens" nicht höhenverstellbar. Gerade Sitzriesen kratzen dann schnell mit dem Kopf am Dachhimmel und schauen bei der recht flach stehenden Windschutzscheibe eher auf den oberen Scheibenrahmen als durch das vordere Fenster.
So ganz allgemein würden wir gerne festhalten, dass wir durchweg positiv überrascht vom neuen Captur waren. Das letzte Modell hat nicht unbedingt einen guten Eindruck hinterlassen und fuhr sich eher so, wie man das von einem hochgebockten Kleinwagen eines Nicht-Premium-Herstellers erwartet.
Jetzt wirkt der Captur ziemlich ausgereift. Einer der positivsten Aspekte ist, dass es unglaublich ruhig im Innenraum geworden ist - was prima zu dem wertigen Ersteindruck passt. Der Captur liegt im Klassenvergleich sehr satt auf der Straße und eigentlich polternde Querfugen werden so gut wie gar nicht mehr an die Passagierohren weitergegeben.
Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass das Erwachsensein auch immer mit einem gewissen Mehrgewicht einhergeht. Und diese knapp 1,7 Tonnen (im Fall des Plug-in-Hybrid) spüren Sie. Einen flinken Kleinwagen wie beispielsweise den Kia Stonic können Sie hier nicht mehr erwarten. Hier muss man sich erst einmal damit arrangieren.
Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist die Bremse, deren Druckpunkt ziemlich überraschend und dann sehr stark kommt, sodass ungeübte Captur-Pilot:innen zu dem einen oder anderen Kopfnicker bewegt werden könnten. Aber die Bremse müssen Sie sowieso nicht soooo häufig verwenden, wenn Sie am wirklich sehr schönen und toll in der Hand liegenden Gangwahlhebel die Fahrstufe "B" für starke Rekuperation wählen.
Nachdem nun das Stichwort "Rekuperation" gefallen ist, noch ein paar Worte zu dem Plug-in-Hybrid-System. Renault koppelt einen 1,6-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner (ja, keinen Dreizylinder) mit zwei Elektromotoren, die am beziehungsweise im Getriebe verbaut sind. Dabei wird die größere der beiden E-Maschinen von einem 9,8-kWh-Akku mit Energie versorgt, der extern geladen werden kann und theoretisch eine lokal emissionsfreie Reichweite von 50 km ermöglicht.
Das System hat in jedem Fall gute Voraussetzungen. Leider kommt es aber immer wieder zu kleinen Ungereimtheiten in der softwarebasierten Kommunikation im Antriebsstrang. Manchmal fragt man sich, wieso der Benziner sich genau jetzt einklinkt, warum er es manchmal sehr smooth und manchmal eher ruppig macht und besonders wenn der Benziner gefordert wird, wird er unangenehm laut und wirklich mehr Vortrieb generiert er damit auch nicht.
Der Gesamteindruck ist bis auf die wenigen Schwachpunkte aber positiv und PHEV passt ganz wunderbar in diese Klasse. Wieso Renault die einzigen sind, die diesen Weg hier gehen, fragen wir uns jetzt nur noch mehr.
Auch beim Blick auf den Bordcomputer und ins Fahrtenbuch sind wir begeistert. Laut elektronischer Messung laufen - mit lediglich einer Strom-Betankung auf rund 1.000 km - nur 6,5 Liter Benzin durch die Brennräume. Nach manueller Berechnung kommen wir sogar auf einen Verbrauch von nur 5,9 Liter je 100 km. Wie gesagt: ohne Nachladung. Wie es aussieht, wenn Sie den Akku immer mal wieder mit Strom beglücken, lesen Sie hier in unserem Verbrauchstest.
Wenn man in der Liga der Großen mitspielen will, dürfen natürlich auch die aktuellsten Assistenzsysteme nicht fehlen. Kurz und knapp: Wir vermissen nichts. Und auch wenn der Spurhalteassistent etwas flüssiger arbeiten könnte, haben wir doch eigentlich nichts zu bemängeln. Die Klassen-Konkurrenz ist hier auch noch nicht so weit mit Funktionsdemokratisierung aus höheren Segmenten. Der Captur bewegt sich also im guten Mittelfeld um die Modelle aus Korea, Wolfsburg oder aus dem Stellantis-Konzern.
Der Basispreis liegt bei 33.600 Euro. Mit ein paar Extras (Sitzheizung, Ladekabel, Assistenten, 18-Zoll-Felgen und 360-Grad-City-Paket) landet unser Testwagen in der erwähnten "Intense"-Ausstattung bei 36.350 Euro. Das ist schon viel Geld für ein so kleines Auto.
Aber PHEV ist aktuell ja auch noch förderbar und so lässt sich ein Preis um die 30.000 Euro realisieren. Und bei der Konkurrenz landen Sie mit ähnlicher Ausstattung da bei ganz ähnlichen Preisen. Allerdings nur mit klassischen Benzinern und ohne Teilzeit-Verstromung.
In der Redaktion waren wir uns wirklich sehr schnell einig, dass es sich bei dem neuen Renault Captur E-Tech mit 158 PS starkem Plug-in-Hybrid-System um einen echten Geheimtipp der Klasse handelt. Bis auf die erwähnten Kleinigkeiten macht der Franzose eigentlich alles richtig.
Er übererfüllt die Klassenerwartungen nicht nur in den Pflichtdisziplinen für Nicht-Premium-Hersteller, sondern legt ungefragt auch eine gute Portion Premium-Charakter nach. Und dabei ist er auch noch ganz ansehnlich. Ganz ehrlich? Chapeau, Renault! Chapeau!