Viel Auto für wenig Geld. Diese Rechnung könnte aufgehen ...
Da ist er also. Der Opel Frontera. Die moderne Wiedergeburt eines Klassikers, der mit diesem Namen einst dafür bekannt war, sich mit Allrad durch Schlammpfützen zu kämpfen und dabei einen ganz eigenen Charme zu versprühen. Nun ... diese Zeiten sind vorbei.
Die Neuauflage des Frontera ist nämlich kein rustikaler Geländewagen mehr, sondern ein SUV für den urbanen Abenteurer, dessen gefährlichstes Terrain die Parkplatzsuche in der Innenstadt, der wöchentliche Ausflug zum Baumarkt oder Supermarkt sowie die alljährlichen Urlaubsreisen mit Kind und Kegel sind. Fair enough. Ehrlich. Und deshalb ist er mit seinen elektrifizierten Antrieben und cleveren Features vor allem eines: ein pragmatisches Fahrzeug für alle, die keine Lust auf Überraschungen und einen allzu tiefen Griff ins Portemonnaie haben.
Der Opel Frontera macht sich die Smart Car-Plattform von Stellantis zunutze und verfolgt dabei den typischen Multi-Energy-Ansatz des Konzerns: Egal ob Benzin oder Strom, man hat die Qual der Wahl. Als SUV irgendwo zwischen B- und C-Segment angesiedelt, kann man den Frontera grob als Opel-Interpretation des Citroën C3 Aircross sehen - wobei er natürlich den unverkennbaren Blitz trägt.
Für die Verbrenner-Freunde gibt es die Mildhybrid-Option (MHEV) in zwei Geschmacksrichtungen: entweder mit einem 100 PS starken 1,2-Liter-Turbobenziner und elektrifiziertem 6-Gang-DCT für die Sparfüchse oder als etwas kräftigere 136-PS-Variante mit gleicher Hardware für all jene, die sich ein bisschen sportlicher fühlen wollen, aber keine Lust auf rein elektrisches Fahren haben. Ein Diesel ist nicht im Programm.
Der vollelektrische Frontera lässt dagegen (noch) wenig Raum für Entscheidungsfreiheit: Hier bekommt man genau eine Version mit 113 PS, einen 44-kWh-Akku und eine WLTP-Reichweite von 305 Kilometern. Das klingt jetzt vielleicht nicht nach Tesla-Standards, aber immerhin: Der Einstiegspreis ist niedrig.
Anfang 2025 soll trotzdem eine "Long-Range"-Variante folgen. Diese wird weiterhin mit einem LFP-Akku ausgestattet sein, aber mit etwas mehr Speicherkapazität und rund 400 Kilometern die Reichweiten-Angst ein Stück weiter vertreiben - oder zumindest auf die Rückfahrt verschieben.
Aber was macht jetzt mehr Sinn? Die vollelektrische Version oder der MHEV-Frontera? Und ... kann das günstige Großraum-Modell von Opel überhaupt überzeugen? Um dies herauszufinden, haben wir die beiden Modelle in der obigen Tabelle bereits bei einer erste Testfahrt unter die Lupe genommen ...
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Der neue Frontera hat sich optisch deutlich vom kantigen Abenteuer vergangener Jahrzehnte verabschiedet und gibt sich nun als smarter Städter. Robust ist er zwar noch, aber auf die Art, wie ein fleckenabweisender Sofaüberzug robust ist: Zweckmäßig, aber nicht wirklich aufregend.
Mit 4,39 Metern Länge passt der Frontera perfekt ins am heißesten umkämpfte Fahrzeugsegment mit kompakten Abmessungen. Die Breite und Höhe sind genau richtig, um zu signalisieren: Ich könnte groß sein, wenn ich müsste, will aber nicht zu aufdringlich wirken.
Der Opel Vizor, das Markenzeichen mit Blitz, nimmt den gesamten Vorderwagen ein. Die integrierten ECO-LED-Scheinwerfer (sie verbrauchen 17 Watt) blenden bei entgegenkommenden Verkehr automatisch ab. Am Heck bieten schmale LED-Leuchten und ein winziger Dachspoiler das gewisse Etwas. Praktisch wird es bei der Dachreling, die im Stand bis zu 240 Kilogramm tragen kann - genug, um zumindest den Schein eines echten Outdoor-Fahrzeugs zu wahren.
Ganz cool sind die farblich abgesetzten Dächer. In der "Edition"-Ausstattung in weiß, in der "GS"-Version in schwarz. In der zeitgenannten Variante gibt's dazu 17-Zoll-Alufelgen. Die Basis fährt auf passend zum hellen Dach lackierten Stahlfelgen. Schick. Und ein bisschen kommt sogar britisches Feeling auf. Böse Zungen würden sagen: Wenn man seinen Defender auf Wish bestellt hat ...
Der Innenraum des Opel Frontera ist eine perfekte Mischung aus Technik und knallhart kalkulierter Zweckmäßigkeit. Oder anders gesagt: Man bekommt genau das, was man erwartet, ohne dabei Jubelschreie loszulassen.
Das "Pure Panel"-Cockpit mit zwei 10-Zoll-Bildschirmen gibt sich modern und aufgeräumt - es sei denn, man entscheidet sich für die Einstiegsvariante, die einen mit einer Smartphone-Station beglückt. Denn wer braucht schon ein richtiges Infotainmentsystem, wenn das Handy die Arbeit übernehmen kann? Sogar mit Steuerung über das Lenkrad. Dazu gesellen sich ausreichend viele USB-Anschlüsse und eine induktive Ladeschale.
Die Intelli-Seat-Sitze (kosten extra) mit ihrer speziellen Vertiefung sind ein Geschenk an das Steißbein - ideal für Langstreckenfahrende, die sonst mit Rückenschmerzen aus dem Auto steigen würden. Eine AGR-Zertifizierung gibt es allerdings nicht.
Dazu scheint Opel den Fokus so sehr auf diese Sitze gelegt zu haben, dass man irgendwie vergessen hat, den restlichen Innenraum halbwegs aufregend zu gestalten. Hartplastik hier, Hartplastik da - aber was soll's? Opel hat entschieden, dass der Preis wichtiger ist als das Gefühl, in etwas Hochwertigem zu sitzen. Und immerhin bleibt das Fahrzeug so erfrischend bodenständig.
Aber hey, Platz gibt es genug, selbst für die Größeren unter uns. In der Elektroversion sitzt man aufgrund der Batterie im Unterboden nur mit etwas angewinkelteren Beinen im Fond. Und im hintersten Abteil ist auch Platz.
Der Kofferraum hinter der manuellen Heckklappe? Geräumig, mit bis zu 1.600 Litern Volumen. Mit niedriger Ladekante von 78 Zentimetern. Perfekt für Familien, die ein SUV kaufen, weil der Waschmaschinen-Einkauf alle fünf Jahre nach mehr Platz verlangt.
Jetzt aber ab auf die Straße: Die ersten Testfahrten zeigten vor allem, dass der Opel Frontera ein recht komfortabler Begleiter ist, der vor allem nicht mit unnötig vielen ADAS-Systemen überfordern und nerven will.
Das Fahrwerk ist weich und angenehm, um Bodenwellen, Schlaglöcher und Bordsteinkanten zu überrollen, ohne dass der Coffee-to-Go in der Mittelkonsole verschüttet wird. Die Lenkung reagiert präzise genug, um Kurven in Angriff zu nehmen. Beim Frontera Electric sogar etwas genauer als beim Frontera Hybrid. Auch die Straßenlage ist durch den niedrigen Schwerpunkt und die rund 200 Extra-Kilo etwas satter. Darüber hinaus sorgt die halbwegs kompakte Größe dafür, dass man sich nicht wie ein Lastwagenfahrer fühlt.
113 PS und eine Reichweite von bis zu 305 Kilometern - ideal für Stadtbewohner, die niemals länger als zwei Stunden am Stück fahren wollen. Dank Schnellladefunktion kann man die Batterie in weniger als 30 Minuten auf 80 Prozent laden - genug Zeit, um im Einkaufszentrum eine Runde durch den Schuhladen-Sale zu drehen. Zeit braucht man allerdings beim Spurt von 0-100 km/h. Über 12 Sekunden sind schon zäh. Der Frontera A aus den 90ern mit 2.2i 16V-Motorisierung war damals ähnlich schnell.
Die Hybrid-Version wirkt kräftiger und bietet mit 136 PS ein wenig mehr Biss. Aber keine Sorge, denn man wird trotzdem nicht als Rennfahrer missverstanden. Das entspannte 6-Gang-DCT ist ein weiteres Plus, auch wenn der Motor selbst ein bisschen angestrengt klingt. In unter 10 Sekunden geht's auf Tempo 100. Dafür benötigte man im Frontera B schon die Topmotorisierung in Form des 3,2-Liter-V6.
Komisch: Neben den bekannten Fahrstufen "P", "N", "R" und "D" gibt es im Electric noch ein "C" (für Comfort) und ein "L" (steht für "Low"). "C" ändert die Rekuperation von 1,2 m/s auf 0,8 m/s, "L" lässt den Benziner bei schwierigen Fahrsituationen direkt starten und ändert die Schaltpunkte etwas.
Die Preise beginnen bei 23.900 Euro für den Hybrid mit 100 PS. Die gefahrene 136-PS-Version ist 1.800 Euro teurer. Ziemlich wenig Geld für ein SUV, das man sogar mit sieben Sitzen (nicht die BEV-Variante) ordern kann. Die Elektrovariante startet bei 28.990 Euro und auch hier ist der Preis ziemlich heiß für so viel Elektroauto für so wenig Geld.
Die Wahl zwischen "Edition" und "GS" bietet genug Spielraum, um entweder das Nötigste oder ein bisschen mehr zu bekommen. Klimaanlage, Rückfahrkamera, und ein paar USB-Anschlüsse sind dabei, damit niemand sagen kann, der Frontera sei unpraktisch. Etwas unfair: Selbst in der E-Version muss man für ein Winterpaket mit Sitzheizung und Co. extra zahlen.
Interessant: Es gibt in der ersten Reihe keine Haltegriffe und auch gegen Aufpreis kein Keyless Go. Sogar den Elektro-Frontera muss man mit einem Schlüssel im Schloss starten.
Und wie sieht es mit dem Recycling aus? Veganes Leder gibt es schon einmal. Darüber hinaus ist das Fahrzeug zu 85 Prozent recycelbar und 95 Prozent der Materialien sind wiederverwendbar. Chrom? Gibt es nicht.
Der Opel Frontera Electric und der Opel Frontera Hybrid punkten beide mit einer modernen Plattform, solider Ausstattung und Flexibilität - und könnten tatsächlich die Alltagshelden sein, die sie sein wollen. Aber wie bei allen Helden mit Hang zum bodenständigen Pragmatismus gibt es auch Schwachpunkte, die die Euphorie bremsen.
Der Elektro-Frontera glänzt mit emissionsfreiem Antrieb und einem günstigen Einstiegspreis, was ihn zu einem überzeugenden Kandidaten für den urbanen Alltag macht. Die Reichweite ist allerdings eher ein Best-Case-Szenario und dürften in der Realität - vor allem bei Autobahnfahrten oder im Winter - deutlich sinken. Die angekündigte Langstrecken-Version verspricht etwas mehr Flexibilität und könnte den Frontera Electric auch für Pendler oder gelegentliche Landstraßenausflüge interessanter machen.
Der Hybrid-Frontera bietet mit zwei Motorvarianten - 100 PS für Sparfüchse und 136 PS für alle anderen - einen guten Kompromiss aus Effizienz und Preis. Vor allem die 136-PS-Variante überzeugt mit solidem Antritt, guter Langstrecken-Tauglichkeit und niedrigem Verbrauch. Dennoch bleibt er, wie alle Mildhybride, eher ein Upgrade des Verbrenners als eine echte Brücke zur Elektrifizierung.