Ist das kleine SUV der bessere Audi Q2?
Große Namen können belasten und verpflichten: Denken Sie nur an Walter Kohl oder die Söhne großer Fußballspieler. Auch im Automobilsektor gibt es solche Fälle. Die Neuauflage von Maybach scheiterte grandios, Borgward steht auf der Kippe und auch der VW Beetle kam nie wirklich an das große Vorbild heran. Ein ähnlicher Kandidat ist DS Automobiles: 2009 als Edel-Citroën gestartet, fungiert man seit 2014 als eigenständiger Autohersteller im PSA-Konzern. Doch auch hier schwebt die Vergangenheit wie ein Damoklesschwert über den Köpfen. Als damals modernstes Auto Europas, wenn nicht gar der ganzen Welt, wurde der Citroën DS alias "die Göttin" 1955 zum Mythos. Die neuzeitlichen DS-Modelle wirkten bis zum Erscheinen des DS 7 Crossback uninspiriert. Doch jetzt geht DS in die Offensive: Auf dem Genfer Salon 2019 debütierte der DS 3 Crossback. Wird er dem hohen Anspruch gerecht? Wir haben die Variante mit 155-PS-Benziner getestet.
Doch zunächst einmal den Zollstock herausgeholt: 4,12 Meter ist der DS 3 Crossback lang. Damit spielt er in der Liga "Klein-SUV ohne Allrad", wo sich unter anderem Kia Stonic, Seat Arona oder der VW T-Cross tummeln. Technische Grundlage für den DS 3 Crossback ist die konzerneigene CMP-Plattform, auf der auch die Neuauflagen von Peugeot 208 und Opel Corsa basieren. Sie bietet bei unserem Testwagen 2,56 Meter Radstand.
Vorne bietet der DS 3 Crossback viel Platz für Arme und Beine, hinten wird es schon etwas enger. Ärgerlicher ist hier der Zugang zum Fond durch recht schmale Türen, auf denen eine blecherne Haifischflosse an den ersten DS 3 erinnert. Da wir gerade beim Thema Design sind: Optisch wirkt der DS 3 Crossback absolut eigenständig, besonders gelungen sind die schmalen Rückleuchten. Auf den ersten Metern nach dem Start sollten Sie sich nicht über ein ungewohntes Schmatzgeräusch wundern: Als Besonderheit fahren wie bei Tesla die Türgriffe beim Öffnen heraus und beim Anfahren wieder hinein. Zugunsten des schicken Hinterns befindet sich die Taste zum Entriegeln des Kofferraums leider weit unten oberhalb des Kennzeichens. 350 bis 1.050 Liter Volumen gehen in Ordnung, ich vermisste aber einen verstellbaren Ladeboden.
In der getesteten Topausstattung "La Premiere" bietet der DS 3 Crossback eine Innenausstattung, auf die manch Designer-Möbelgeschäft neidisch wäre. Feines Leder auf den Sitzen und dem Armaturenbrett plus eine Massagefunktion für den Fahrer. Als Pluspunkt ist das Cockpit DS-typisch total funky, aber ergonomisch maximal mittelprächtig. "Gut so!" werden frankophile Fans einstiger Lupentachos und anderer Citroën-Schrullen jetzt rufen, während VW-Fahrer in ihren Arbeitsplätzen mit dem Charme eines Behördenbüros nur den Kopf schütteln.
Berührungsempfindliche Oberflächen statt Knöpfe? Warum nicht, auch wenn man oft genug genau zielen muss. Tasten für die Fensterheber in der Mittelkonsole in der gleichen Metallhaptik wie alles andere dort? Gewöhnungssache! Ohne Fehl und Tadel sind hingegen das digitale Kombiinstrument im 7-Zoll-Format und der 10,3-Zoll-Touchscreen auf der Mittelkonsole. Es muss ja nicht immer gleich eine Kinoleinwand im Auto sein. Fest steht: Der DS 3 Crossback hebt sich innen positiv von der Masse ab, ohne gleich völlig durchgeknallt zu sein. In Sachen Materialgüte und Verarbeitung hängt er einen Audi Q2 deutlich ab.
Der von uns getestete Turbo-Dreizylinder mit 1,2 Liter Hubraum, 155 PS und serienmäßiger Achtgang-Automatik wird noch nicht in 208 und Corsa angeboten, der noble DS-Bruder hat ihn aktuell exklusiv. Eine gute Kombination, wie sich auf vielen hundert Kilometern zeigt. Lediglich beim sehr spontanen Beschleunigen verhaspelt sich die Automatik kurzzeitig, ansonsten harmonieren Getriebe und Motor vorzüglich miteinander. Untermalt von einem sonoren, aber nie aufdringlichen Klang werden die Gänge diskret gereicht.
Deplatziert wirken nur die Schaltwippen. Sportliche Avancen sind dem DS 3 Crossback fremd, obwohl er mit dem Spitzenbenziner in 8,2 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt. Es gibt sogar ein Sportprogramm, das die Lenkung noch etwas nachschärft, doch die breiten, aber wenig Seitenhalt bietenden Sessel vereiteln jeden Plan der Kurvenhatz effizient. Der DS 3 Crossback setzt lieber voll auf die Komfortkarte. Auch mit den serienmäßigen 18-Zoll-Felgen der "La Premiere"-Ausstattung bleibt das Abrollverhalten angenehm. Eine Nummer kleiner, also 17 Zoll, dürfte hier noch zusätzliche Pluspunkte liefern. An Assistenzsystemen herrscht kein Mangel, doch der aktive Spurhalte-Assi greift manchmal zu ruckartig ein und lenkt eckig gegen. Das kriegen andere Hersteller sanfter hin.
Wie steht es mit dem Verbrauch? 44 Liter Super passen in den Tank. Unter häufiger Nutzung des adaptiven Tempomaten auf der Langstrecke sowie des Eco-Modus kamen wir auf durchschnittlich 6,7 Liter. Gemessen an der Leistung ein guter Wert und nicht absurd weit weg von den offiziellen 5,5 Liter.
Den hauseigenen Premiumanspruch macht die noble PSA-Tochter beim DS 3 Crossback unmissverständlich deutlich: Unter 23.490 Euro läuft hier gar nix, der 155-PS-Benziner beginnt ab 31.090 Euro. "La Premiere" kratzt mit Vollausstattung schon hart an der 40.000-Euro-Marke. Zum Vergleich: Dafür bekommt man auch einen Audi Q2 mit 190-PS-Benziner und Allradantrieb.
Genaue Tipps zur besten Konfiguration zu geben, würde beim DS 3 Crossback angesichts der unzähligen Personalisierungsoptionen hier den Rahmen sprengen. Nur so viel: Nehmen sie eine der niedrigeren Ausstattungen. Zum einen reichen deren 17-Zoll-Alus, zum anderen ist man dort freier in der Zusammenstellung der Optionen.
Als 155-PS-Benziner mit Automatik ist der DS 3 Crossback sehr gelungen, aber auch für ein Auto seines Formats sehr teuer. Allerdings hat DS nun endlich Fahrzeuge, die zur Marke passen. Knackpunkte bleiben die Prestigeträchtigkeit des Markennamens und die geringe Anzahl der Händler. Knapp unter 30 so genannte "DS Salons" und Servicepunkte gibt es in ganz Deutschland. Vorbeischauen lohnt sich trotzdem ...